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Folge 38 – Juni 2024

Old Soccer ball on the green grass, top view

Vor 50 Jahren:

Vorrunde WM ´74 „BRD“ – „DDR“ 0:1!

Am 22. Juni 1974 treffen im Hamburger Volksparkstadion zum ersten und einzigen Male die Fußball-Nationalmannschaften der beiden damals bereits seit 25 Jahren nebeneinander existierenden deutschen Staaten „BRD“ und „DDR“ aufeinander. Möglich wurde dies durch die Gruppen-Auslosung zur WM `74, bei der am 5. Januar 1974 der Schöneberger Sängerknabe Detlef Lange die Lose zog (der Elfjährige loste für die Vorrundengruppe 1 die Mannschaften BRD, DDR, Australien und Chile aus). Vor dem Spiel führt die Elf der Bundesrepublik nach Siegen gegen Chile (1:0) und Australien (3:0) die Tabelle der Gruppe 1 mit 4:0 Punkten an. Auf Platz 2 liegt die DDR-Auswahl mit 3:1 Punkten (sie spielte 2:0 gegen Australien und 1:1 gegen Chile).

Die bundesdeutsche Mannschaft gilt an jenem Abend als Favorit, hat sie doch den Heimvorteil auf ihrer Seite und ist zudem amtierender Europameister. Sie wird dieser Rolle jedoch zu keiner Zeit gerecht – im Gegenteil, in der 77. Minute erzielt DDR-Stürmer Jürgen Sparwasser (siehe Foto links/Weltfussball.de), der sechs Wochen zuvor mit dem 1. FC Magdeburg den Europapokal der Pokalsieger gewonnen hat, das einzige Tor des Tages.

Nicht unverdient gewinnt somit die DDR-Elf das brisante Prestige-Duell und holt dadurch den Gruppensieg. Unter den 60.000 Zuschauern in Hamburg befinden sich auch 1.500 DDR-Bürger, die nach strengen Kriterien vom SED-Staat ausgewählt worden sind (in der entsprechenden Direktive des Zentralkomitees der SED hieß es u.a.: „Auszuwählen und zu bestätigen sind solche Bürger, die sich besondere Anerkennung und Verdienste bei der Entwicklung und Festigung der Deutschen Demokratischen Republik erworben haben; als bewusste sozialistische Staatsbürger eine aktive Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben zeigen; prinzipien- und charakterfest im Beruf und persönlichen Leben sind sowie ihre politische Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt haben; bereits als bestätigte Reisekader im nichtsozialistischen Ausland waren und sich in der ideologischen Auseinandersetzung mit dem Imperialismus bewährt haben…“).

Der in Dresden geborene Bundestrainer Helmut Schön, der 1943 und 44 mit dem Dredsner SC deutscher Meister wurde und 1950 aus der DDR in den Westen ging, ist von seiner Mannschaft bitter enttäuscht. Nach heftigen internen Diskussionen – besonders Mannschaftkapitän Franz Beckenbauer übt scharfe Kritik – bekommen dies insbesondere Bernd Cullmann, Jürgen Grabowski, Uli Hoeneß und Heinz Flohe zu spüren, die beim nächsten Spiel nicht wieder für die Startelf berücksichtigt werden. Im Rückblick betrachtet dürfte der zweite Gruppenrang eventuell sogar
ein kleiner Vorteil für die bundesdeutsche Auswahl gewesen sein, denn auf diese Weise entgeht sie in der 2. Finalrunde den formstarken Holländern sowie Titelverteidiger Brasilien. Sie trifft stattdessen in Gruppe B der 2. Finalrunde auf Jugoslawien, Schweden und Polen und schafft durch drei Siege den Einzug ins Münchner Finale. Die Mannschaft der DDR bekommt es in der 2. Finalrunde mit Brasilien, Holland und Argentinien zu tun und belegt letztlich in Finalrundengruppe A den 3. Platz.

Die bundesdeutsche Mannschaft: Sepp Maier (Bayern München), Franz Beckenbauer (Bayern München), Bernd Cullmann (1. FC Köln), Georg Schwarzenbeck (Bayern München) [ab 68. Minute Horst-Dieter Höttges (Werder Bremen)], Berti Vogts (Bor. Mönchengladbach), Paul Breitner (Bayern München), Heinz Flohe (1. FC Köln), Uli Hoeneß (Bayern München), Wolfgang Overath (1. FC Köln) [ab 69. Minute Günter Netzer (Real Madrid)], Jürgen Grabowski (Eintracht Frankfurt), Gerd Müller (Bayern München), Trainer: Helmut Schön.

Die DDR-Elf: Jürgen Croy (Sachsenring Zwickau), Bernd Bransch (Chemie Halle), Gerd Kische (Hansa Rostock), Lothar Kurbjuweit (Carl Zeiss Jena), Konrad Weise (Carl Zeiss Jena), Siegmar Wätzlich (Dynamo Dresden), Harald Irmscher (Carl Zeiss Jena) [ab 65. Erich Hamann (Vorwärts Frankfurt/Oder)], Hans-Jürgen Kreische (Dynamo Dresden), Reinhard Lauck (Dynamo Berlin), Jürgen Sparwasser (1. FC Magdeburg), Martin Hoffmann (1. FC Magdeburg), Trainer: Georg Buschner

 

DDR-Nationalspieler Jürgen Sparwasser, Torschütze zum 1:0 gegen die BRD bei der WM 1974 (Foto: www.welttfußball.de)

 

Vor 40 Jahren:

6. Meistertitel in Folge für die Frauen der SSG Bergisch-Gladbach!

Am 30. Juni 1984 schafft die Frauenfußballmannschaft der SSG Bergisch-Gladbach einen bis heute gültigen Rekord: sie holt zum sechsten Mal in Folge (nach 1979, 80, 81, 82 und 83) den deutschen Meistertitel! Im Endspiel am Bornheimer Hang in Frankfurt schlägt die SSG die Lokalmatadorinnen vom FSV mit 3:1. Zwar gehen die Frankfurterinnen in der 27. Minute durch ein Tor von Susanne Jahn mit 1:0 in Führung, nur vier Minuten später gelingt jedoch der späteren Bundestrainerin Silvia Neid der 1:1-Ausgleich. In Halbzeit zwei folgen in der 52. Minute das 2:1 für die SSG durch Petra Bartelmann und in der 80. Minute das 3:1 durch Gisela Dahl. Ein halbes Dutzend Meisterschaften am Stück – eine einmalige Leistung! (Im Jahr darauf ist für die SSG im Halbfinale Schluss.)

Die Meisterinnen: Rosemarie Neuser, Erika Neuenfeldt, Bettina Krug, Gaby Dlugi-Winterberg, Monika Degwitz, Mila Schauerova, Silvia Neid, Petra Bartelmann, Gisela Dahl, Doris Kreisimon, Ingrid Gebauer (ab 59. Minute Andrea Haberlaß) Trainerin: Anne Trabant-Haarbach.

Vizemeister FSV Frankfurt: Petra Melka, Ingrid Zimmermann, Marion Pfeifer, Marion Lissner, Petra Kurth (ab 74. Minute Barbara Tintschl), Sonja
Hamza, Sonja Strauch, Rike Koekkoek, Susanne Jahn, Bettina Mantel, Marion Laufer (ab 71. Minute Hanne Koch); Trainerin: Monika Koch-Emsermann.

Mit insgesamt neun Titeln ist die SSG bis heute Rekordmeister bei den Fußball-Frauen (neben den oben erwähnten Meisterjahren 1979 bis 84 siegen die Bergisch-Gladbacherinnen auch noch in den Endspielen von 1977, 1988 und 1989).

 

Vor 80 Jahren:

Letztes Kriegs-Endspiel um die Deutsche Meisterschaft: Dresdener SC – LSV Hamburg 4:0!

Am 18. Juni 1944 findet im Berliner Olympiastadion – trotz der Tatsache, dass der Zweite Weltkrieg nunmehr bereits seit fast fünf Jahren tobt und in diesen Tagen jederzeit die Gefahr von Luftangriffen durch die Alliierten besteht – das Finale um die Deutsche Fußball-Meisterschaft statt. Das NS-Regime will mit der Durchführung des Endspiels der Bevölkerung Normalität vorgaukeln und sie von Not und Elend ablenken.

Vor 70.000 Zuschauern trifft der Meister des Jahres 1943, der Dresdner SC, auf den Vize-Pokalsieger von 1943, den Luftwaffen-Sportverein („LSV“) Hamburg. Der LSV ist eine 1942 auf Initiative von Luftwaffen-Oberst Fritz Laicher gegründete Militärmannschaft und
organisatorisch der Hamburger Flak-Artillerie angegliedert. In der Mannschaft, die ohne sportliche Qualifikation in die Gauliga Hamburg aufgenommen wurde, sind zahlreiche Militärdienst leistende deutsche Top-Fußballer vereinigt, darunter beispielsweise die Nationalspieler Reinhold Münzenberg (41 Länderspiele für Alemannia Aachen), Karl Miller (12 Länderspiele für den FC St. Pauli) und Willy Jürissen (6 Länderspiele für RW Oberhausen). Das Finale gewinnen die Dresdner Titelverteidiger um Kapitän Richard Hofmann und den späteren Bundestrainer Helmut Schön klar mit 4:0 (Halbzeit: 1:0). Die ersten beiden Treffer gehen auf das Konto von DSC-Rechtsaußen Rudi Voigtmann (19. und 50. Minute). Nach 60 Minuten erhöht Helmut Schön auf 3:0, das vierte Dresdner Tor schießt Heinrich Schaffer (85. Minute). 

Drei Monate nach dem Endspiel muss Vizemeister LSV Hamburg – wie alle anderen Militärmannschaften auch – auf Weisung der Heeresleitung den Spielbetrieb einstellen. In den folgenden drei Jahren 1945, 46, und 47 wird kein Meisterschaftsfinale stattfinden.

Die DSC-Meistermannschaft: Willibald Kreß, Fritz Belger, Heinz Hempel, Herbert Pohl, Walter Dzur, Helmut Schubert, Rudi Voigtmann,
Helmut Schön, Fritz Machate, Richard Hofmann, Heinrich Schaffer, Trainer: Georg Köhler.

Vizemeister LSV Hamburg: Willy Jürissen, Karl Miller, Reinhold Münzenberg, Walter Ochs, Heinrich Gärtner, Robert Gebhardt, Fritz Zahn, Heinz
Mühle, Willi Gomick, Ludwig Janda, Jakob Lotz, Trainer: Karl Höger.


Norbert Voshaar [Lit.: Thomas Blees: „90 Minuten Klassenkampf. Das Länderspiel BRD – DDR 1974“ (Frankfurt/M. 1999) / Kicker Nr. 52 vom 24. Juni 1974 / Kicker-Almanach 1990 (1989) / Wikipedia]